SÜDINDIEN Teil 4

Standard

 

 

IMG_20151219_110348

 

Mit Teil 4 ist mein Reisebericht über Indien beendet. Hoffe ihr Leser hattet beim Durchlesen ebenso viel Freude wie ich beim Schreiben. Denn ich konnte in meinen Erinnerungen ein zweites Mal dieses wunderschöne Land bereisen. Mir wurde gesagt: wenn du dich auf Indien einlässt wirst, du es entweder hassen oder lieben. Ich habe mich für Letzteres entschieden …

Dieser Reisebericht beruht auf persönlichen Erfahrungen und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.  Einige Wissens-Informationen wurden dem Netz entnommen.

 

TIER, DAS DEN INDERN HEILIG IST = KUH

 

 

Indien wird häufig mit der Kuh, die dort heilig sein soll, assoziiert.  Doch Indien ist kein homogenes Land, richtig ist: Kühe gelten in einigen Teilen Indiens als heilig, jedoch nicht in allen und auch nicht bei jeder Bevölkerungsgruppe.
Bei uns fristet dieses Haustier ein eher tristes Dasein. Unsere Vorfahren, die auf Bauernhöfen hausten und deren Überleben stark mit dem Halten von Rindern zusammenhing, hatten in etwa dasselbe Verhältnis zu den Tieren wie – vor allem die Hindus in Indien – heute noch haben.
Sie ist Milch-,  Fleisch,- Horn-, Leder- und Dunglieferant (Heizmaterial) einerseits, wird als Zugtier bzw. Arbeitstier andererseits eingesetzt. An der Anzahl der Rinder wird und wurde die Vermögenssituation hierzulande und auch auf dem Subkontinent Indien gemessen.
In den hinduistischen Religionen ist der Schutz der Kuh bis in die heutige Zeit ein wichtiges Element. Für die meisten Hindus ist die Kuh unantastbar. Selbst bei jenen, denen sie nicht ‚heilig‘, sondern lediglich ein wichtiges Symbol ist, hat sie doch einen besonderen Stellenwert, und das Töten von Kühen ist für die meisten undenkbar. Für traditionelle Hindus wäre dies ein besonders verunreinigendes Vergehen; und sind auch nicht alle Vegetarier, so ist es für die meisten ausgeschlossen, Rindfleisch zu essen. In der Geschichte war der Kuhschutz so wichtig, dass islamische Eroberer ihren Heeren oft Kühe vorantrieben, wodurch Hindus sie nicht angreifen konnten.
Zum „Herumgehen“ der Kühe in den Straßen sei gesagt, dass viele Bauern ihre Kühe frei laufen lassen , damit sie sich von Abfällen selbst ernähren, wodurch sie auch für das Gemeinwesen einen wichtigen Zweck erfüllen: die Verwertung von Gemüseresten und sonstigen pflanzlichen Abfällen. Auch wenn heilige Kühe nicht geschlachtet werden, erreichen sie dennoch im Durchschnitt kein hohes Alter. Viele unbrauchbar gewordene Tiere sterben aufgrund von Futtermangel und schließlich durch völlige Vernachlässigung.  In einigen Gegenden in Indien gibt es sogenannte Goshalas, Tierasyle, wo kranke oder alte Kühe bis an ihr Lebensende gefüttert werden. Wohlhabende Privatpersonen oder Tempel-institutionen unterstützen diese Ställe mit Spenden. Für meine Begriffe ist der Umgang mit Tieren im Allgemeinen und den Rindern im Speziellen in Indien trotzdem natürlicher und humaner als die europäische Milchquotenpolitik, die Massentierhaltung und die Viehtransporte …

 

UND ES GIBT … MÄNNER MIT RÖCKEN!

 

Ich finde an den indischen Männern (an den Frauen sowieso) auch ihre hübsche Kleidung so sympathisch. Die Männer tragen weiße oder cremefarbene knöchellange Wickelröcke, Dhoti (auf Hindi) oder Mundu (auf Malayalam) genannt, die sie nach Bedarf zu knielangen Röcken hochschürzen und blitzschnell auch wieder längen können. So wie wir Frauen gern an unserer Frisur nesteln und uns die Haare aus dem Gesicht streichen, sind in Indien viele Männer mit dem Hochschürzen und Runterlassen ihrer Dhotis beschäftigt. Meist tun sie das lässig im Gehen; sie brauchen dazu nicht einmal stehenzubleiben.

Frauenbild

 Hochgeschürzt sehen Dhotis gern wie Windeln aus; es erinnert mich stark an Gandhis eigenwillige Kleidung, in der er die Kolonialmacht bezwang.

 

 

 

VERKEHR

 

Da Indien eine britische Kolonialmacht war, herrscht Linksverkehr. Was aber nichts heißt, denn die Straßen werden mit Auto, Tuk-Tuks (Rikschas), Lastwagen, Bussen und Motorrädern dreispurig befahren. Überholt wird rechts oder links, wo eben frei ist und dass mit lautstarkem Hupkonzert. Dies aus dem einfachen Grund: um auf sich aufmerksam zu machen.  Ein für uns Europäern unübersichtliches Chaos beherrscht die Straßen,  manchmal schien mir der Verkehrslärm unerträglich. Doch die Inder nehmen es mit Gelassenheit hin, hier flucht oder schimpft niemand. Wie durch Zauberhand läuft alles wie am Schnürchen: Motorräder, die mit einer kompletten Familie besetzt sind (vorne Kind, Mitte Vater, gefolgt von weiterem Kind, hinten Mutter) finden neben Ochsenkarren, Rikschas und Bussen Platz.
Laut Information eines Einheimischen sind die Zeitungen jedoch voll mit Berichten über Verkehrsunfälle. Einen konnte ich selber sehen, und zwar auf der Busreise von Kumily nach Varkala. Bei regennasser Straße kam auf einer sehr kurvenreichen Bergstraße ein Bus von der Straße ab. Zum Glück kam außer dem Bus niemand zu Schaden.

 

WÄSCHEREIEN

Handgewaschen und windgetrocknet

 

In Indien verfügt nicht jeder Haushalt über eine Waschmaschine, mancherorts fehlt auch die Elektrizität.  Die Wäsche wird – wie vor vielen Jahren bei uns – am Fluss gesäubert und zum Trocknen aufgehängt. Große Mengen an Wäsche, wie sie zum Beispiel in Krankenhäusern, Hotels oder Privatunterkünften anfällt, wird mancherorts noch in eine eigene Wäscherei gebracht. In Fort Kochi heißt diese Dhobi Khana. Am Vormittag wird gewaschen: die Wäsche auf die Steinstufen geschleudert und so gereinigt; der Nachmittag ist fürs Trocknen und Bügeln vorgesehen. Hundert von Wäschestücken flattern im Wind, während im Inneren des Hauses traditionell mit dem Kohlebügeleisen die Wäsche geglättet wird. Ein elektrisches Bügeleisen existiert auch, dies kostet jedoch extra wegen des Stromverbrauchs.Die Arbeiter wohnen mit ihren Familien in dem angrenzenden Gebäude. Die Dhobi hier gibt es bereits seit 300 Jahren, doch ihre Zukunft ist ungewiss. Der Fortschritt stellt sich in Form von Waschmaschinen in den Weg. Auch will von den jüngeren Männern die Arbeit niemand mehr machen, denn diese ist hart und kräftezehrende. Schade jedoch, wenn ein Stück jahrhundertealte Tradition verschwindet.

 

X….TREM GÜNSTIG

 

IMG_20151210_114502

Für uns Westler ist Indien immer noch eines der billigsten Reiseländer der Welt. Das Teuerste ist der Flug dorthin. Für wenig Geld gibt es hier viel, egal ob sparsam oder luxuriös. Wieviel pro Tag ausgegeben wird hängt einerseits davon ab wo und andererseits wie man unterwegs ist. Der Süden ist – im Gegensatz zum Norden „teurer“, ebenfalls die Touristenorte an der Küste im Vergleich zum Landesinneren. Auch hängt es davon ab wieviel Mahlzeiten man zu sich nimmt, mit welchen Transportmitteln gereist wird und welche Unterkünfte man wählt. Lt. dem Handbuch für Traveler von www.stefan-loose.de (Indien – der Süden – Ausgabe 2015) den ich – neben Lonely Planet – für den Besten halte, sollten für die Reisekosten pro Tag  Rs 2500, das sind umgerechnet ca. 34€ kalkuliert werden. Dieser Betrag beinhaltet ein gutes homestay (Zimmer mit Frühstück), Mahlzeiten in kleineren Restaurants, Rikscha- bzw. Taxifahrten und Eintrittsgelder. Auch um die Hälfte ca. lässt es sich leben: einfache Zimmer (nicht immer unbedingt die Besten), essen wie die Einheimischen in dhabas und nicht viel herumreisen bzw. Bus und Bahn nutzen. Nach oben ist immer Luft, sprich mit einem Tagesbudget von Rs 6000 steigt in einem Nobelhotel ab, speist in vornehmen Restaurants und gönnt sich den Luxus eines Privatchauffeurs oder fährt 1. Klasse mit dem Zug.
Einige Reisende haben viel Freude daran sich in Indien als Sparfüchse zu betätigen. Dies gefällt den Einheimischen überhaupt nicht. Wir gelten in ihren Augen als wohlhabend, denn wir können uns einen Flug nach Indien leisten. Außerdem haben sie eine ungefähre Vorstellung davon, wie hoch unser Einkommen ist. Beim Feilschen kann man eine Menge einsparen, jedoch sollte dies nicht übertrieben werden und für beide Seiten befriedigend sein.  Öfters sollte daran gedacht werden, wieviel wir zuhause für die Leistung bezahlen müssten.
Auch mit dem Trinkgeld sollte großzügig umgegangen werden. Da die Arbeitskraft in Indien nicht viel kostet, arbeiten viele Kellner um einen Spottlohn und hoffen auf eine zusätzliche Einnahmequelle.

 

 

YOGA

 

Bildergebnis für yoga wikiBildergebnis für yoga wikiBildergebnis für yoga wiki

 

Yoga ist eine rund 5000 Jahre alte indische Philosophie und Übungssystem. Yoga verbindet Körper, Geist und Seele und ist ein Weg sich in seiner Ganzheit, als Einheit wahrzunehmen und zu spüren. Sie beinhaltet körperliche Übungen, Atemtechniken, Konzentrationsübungen und Meditation. Das Wort “Yoga” stammt aus dem Sanskrit und bedeutet “Vereinigung bzw. Verbindung” oder einfach Einheit, Harmonie“ und beinhaltet geistige und körperliche Übungen. Diese heißen Asanas, Pranayama, Yama, Niyama, Kriyas, Meditation und/oder Askese. In Europa assoziiert man mit dem Begriff Yoga oft nur die körperlichen Übungen. Diese werden Asanas oder Yogasanas genannt. Das ist aber nur ein Teil der Yoga-Lehre. Einige Yoga-Formen haben mediativen Charakter und beschäftigen sich mit der geistigen Konzentration, andere Yoga-Formen (z.B. Hatha) legen hingegen mehr Wert auf körperliche Übungen und Positionen (die Asanas). Es gibt weitere Spielarten, die etwa die Askese hervorheben.
 Yoga in seiner ursprünglichen Form ist eine spirituelle Wegbeschreibung: durch Einhaltung einer bestimmten Lebensführung und durch körperliche und geistige Übungen stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Körper und Seele ein. Höchstes Ziel ist die Erlangung der höchsten Erkenntnis des Seins, eines kosmischen Bewusstseins.  Die positiven Wirkungen von Yoga wurden bereits durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt.

 

ZÜGE

 

 

Indien kann man in vollen Zügen genießen, im wahrsten Sinne des Wortes. Wer in diesem Land nicht eine Zugfahrt einplant, hat Land und Leute nicht wirklich gesehen. Da die wenigsten Inder im Besitz eines Autos sind und sie sich bei Ausflügen meist in Großfamilien bzw. Gruppen bewegen, bietet sich die Eisenbahn an. Die Kosten für eine Fahrt sind außerdem extrem niedrig. Detail am Rande: das beliebeste Fortbewegungsmittel für lange Strecken wurde von den Engländern ins Land gebracht.
Die Bahnhöfe, die ich sah, waren auffallend sauber. Es gibt – wie bereits erwähnt – separate Schalter für ladies und für gentlemen sowie auch extra Abteile in den Zügen die für ladies only reserviert sind. Apropos Reservierung: diese wird absolut angeraten. Sollte der Zug bereits ausgebucht sein, kann ich empfehlen, es trotzdem zu versuchen: ein Plätzchen lässt sich immer irgendwo finden. Allerdings sollte die Strecke nicht zu lang sein.
Die Zugreisenden Inder helfen sich gegenseitig beim Einsteigen und reichen Mitreisenden eilig ihre Koffer und Kinder. Einige Inder sind nicht an Touristen gewöhnt und so starren sie Reisende, die mit ihnen einen Waggon teilen, erst einmal mit großen Augen an.
Während der Fahrt laufen ständig Händler durch den Zug um Getränke, Essen, Zeitschriften und Spielzeug zu verkaufen. Manche singen sogar zur Unterhaltung der Passagiere und verdienen sich so ein bißchen Geld. Vor allem die Chai-Typen werden auf der Zugreise geschätzt. Sie verkaufen Reisenden den süßen, milchigen Chai Tee. Einheimische teilen dieses indische Nationalgetränk mit Freunden, Familie und Arbeitskollegen überall und zu jeder Zeit. Seine durchdringende Stimme hört man schon, wenn er sich noch am anderen Ende des Waggons befindet und ruft ‚Chaiiiiiii-ee, Chaiiiiii-eee, Garammmm Chaiiii‘.

Hinterlasse einen Kommentar